Salomon Appiah, besser bekannt als 7apes hat Ende November sein Album „Tales of Two Cities“ über das Berliner Label Block Opera veröffentlicht. Mit seinem ersten Soloalbum geht der Beatmaker und Produzent keine Kompromisse mehr ein und erzählt in seiner ganz eigenen musikalischen Sprache von der Dualität in seinem Leben. Ein organisch klingendes Beat-Album, das ganz unaufdringlich Impulse zum Nachdenken gibt. Wir haben mit 7apes im Interview über seinen musikalischen Werdegang, die Strukturen von Block Opera und die Entstehung seines Albums gesprochen. Lest hier das ganze Interview.
Wir fangen mal ganz vorne an. Ich weiß, dass du früher in Rock & Metal Bands gespielt hast, wie kam es dazu? Und wie kamst du überhaupt zum Musikmachen?
In meiner Familie lief schon immer viel Musik und mein Vater hat uns auch Musikvideos oder Live-Konzerte gezeigt. Mit sieben Jahren bekam ich dann mein erstes Keyboard und wurde von meiner Mutter zum Klavierunterricht gezwungen, was ich total scheiße fand (lacht). Jetzt bin ich sehr dankbar, dass ich das durchgezogen habe. Ich hatte denselben Klavierlehrer über vierzehn Jahre, der mich sehr früh auch schon zum Jazz gebracht hat. Wir haben zusammen gejammt und er hat mir Improvisationstechniken beigebracht, davon zehre ich heute noch. Im Laufe meiner Kindheit habe ich dann noch angefangen E-Bass und Gitarre zu spielen. Das hat dazu geführt, dass ich mit Kumpels bei uns auf dem Land in einer Band gelandet bin und dann viel Rock und Metal gespielt habe.
Du bist also auf dem Land aufgewachsen? Wie war das für dich?
Genau, zwischen Stuttgart und Ulm, da komme ich her. Das war schon sehr ländlich, ein 2.000-Seelen-Kaff. Und es gab da natürlich auch gar keine Szene für Beatmaker oder für Leute, die sich überhaupt für Hip Hop interessiert haben. Ich selbst habe damals viel Jazz, und über meinen Vater, afrikanische Musik oder Reggae gehört. Im Dorf lief vor allem Rammstein, Slipknot, oder Böhse Onkelz, was natürlich auch dazu geführt hat, dass ich in einer Rock/Metal Band gelandet bin. Wir sind mit der Band dann richtig getourt, haben große und kleine Konzerte gespielt, aber eben alles auf Hobbyebene. Und beim Produzieren für die Bands habe ich irgendwann gemerkt, dass ich auch Beats bauen kann. Das war so mit Sechzehn oder Siebzehn. Kurz danach haben das die ersten Leute in Stuttgart mitbekommen, und ich habe meine ersten Beats rumgeschickt. Aber das lief recht lange eher unterm Radar.
Und wann ging es für dich nach Berlin?
Im August 2015. Ursprünglich, weil ich da meinen ersten Plattenvertrag angeboten bekommen habe, von einem Sub-Label von Sony für ein Duo Projekt, das ich mit einer Freundin hatte. Dafür habe ich dann mein angefangenes Studium in Stuttgart nach dem ersten Semester abgebrochen und bin nach Berlin. Ich bin mit diesem ersten Platten-Deal gescheitert, aber in der Rückschau würde ich sagen, dass es trotzdem alles genau richtig war.
Wie hast du dann in der Berliner Szene Fuß gefasst?
Alex (Sickless), mein Manager, ist der Gründer von Block Opera und hat früher ebenfalls in Stuttgart gelebt. 2018 hat er mich überredet, dass ich zu ihm auf den Verlag kommen und meine EP über sein Label herausbringen soll. Da ging das dann los. Zu dem Zeitpunkt hatte ich auch schon Verflechtungen mit den Green Berlin Jungs, bin seit ein paar Jahren eng mit Dead Rabbit befreundet. Und habe dann noch The Intern kennengelernt, der ja auch maßgeblich an dem beteiligt ist, was ich mache. Das war so der Einstieg in die Berliner Szene und ging natürlich immer weiter. Da kommt eines zum anderen – man lernt einen Figub Brazlevic oder einen Suff Daddy kennen und dann landet man irgendwo im Studio.
Vielleicht auch kurz nochmal zum Label Block Opera: du warst bei der Gründung mit beteiligt und das Besondere ist eigentlich, dass das Label kollektiv organisiert ist und ihr euch auf genreübergreifende, instrumentale Musik fokussiert.
Genau, das ist es eigentlich. Alex ist das Mastermind hinter dem ganzen Wahnsinn, The Intern ist da auch stark involviert und ich bin doch hauptsächlich Künstler. Die Idee dahinter war, ein Label zu gründen mit dem wir uns internationaler orientieren können und direkt mit den ganzen Producern, die wir kennen und schätzen, zusammenzuarbeiten und dadurch Teil der aktiven Beat-Szene zu werden. Wichtig war uns von vorneherein die Liebe fürs Detail, auch was visuelle Konzepte angeht. Und es sollte künstlerzentriert sein. Ich selbst bin auch extrem froh, dass ich diese Strukturen habe und für mich nutzen kann.
Also war diese Struktur auch wichtig für die Entstehung des Albums?
Ja, ich glaube das Album wäre so nicht möglich gewesen, hätte ich die Strukturen nicht gehabt. Zu wissen, dass es genau so veröffentlicht wird, wie ich es für gut und richtig halte, aber trotzdem auch Feedback, Kritik oder Input von anderen zu bekommen. Ich muss eben nicht alles allein machen und das finde ich super.
„Tales of Two Cities“ ist ja dein erstes Soloalbum. Wie kam es schließlich dazu?
Ich wollte schon immer ein richtiges, konzeptionelles Album machen. Alex hat dann zu mir gesagt: „Eigentlich musst du nur versuchen etwas zu machen, das dir niemand anderes nachmachen kann.“ Dann gingen die Überlegungen los: Lo-fi Beats, das können andere auch und Manche besser. Es gibt auch Leute, die können viel verklatschtere, sample-lastigere Beats bauen.
Und auf was kamst du dann am Ende?
Weil ich Klavierspielen gelernt habe, muss ich mich nicht nur auf Samples verlassen, sondern kann auch viel selbst einspielen. Darauf habe ich mich besonnen und das viel gemacht. Ich wollte mich von dem Schema, wie ich sonst Beats produziere, lösen. Es sollte mehr wie aus einem Guss klingen und ich wollte intuitiver vorgehen. Deswegen habe ich viel mehr gespielt und gejammt. Ich wollte kein Album machen wie ein Beatmaker – ich wollte ein Beat-Album machen, wie es ein Musiker angehen würde.
Warst du denn dazu stark im Austausch mit anderen?
Am Anfang habe ich schon viel allein gemacht und wollte erst mal meine eigene musikalische Sprache finden. Im Zuge der Arbeit habe ich dann mehr und mehr Leute dazu geholt. Mit Joha habe ich sehr fruchtbare Sessions gehabt. Mit Packed Rich sind auch sehr spannende Sessions entstanden. Und dann mit allen möglichen Kollaborateuren.
Der Titel des Albums lautet ja: „Tales of Two Cities“. Du willst also den Hörer*innen damit etwas erzählen und es geht um Dualität?
Also ich wollte im Grunde mich selbst mit einem Album beschreiben. Und mich macht vor allem Dualität aus: Afrikanischer Vater und deutsche Mutter, ich komme vom Dorf, lebe in der Stadt, ich spiele organische Musik, mache aber alles digital auf dem Rechner. Das fand ich spannend und wollte das thematisch unterbringen in meinem Album. Und dann bin ich auf den Buchtitel von Charles Dickens gekommen, „A Tale of two Cities“. Das passte perfekt.
Ist das Album für dich auch ein Befreiungsschlag? Von musikalischen Kompromissen?
Definitiv, auf jeden Fall. Vieles was ich vorher gemacht habe, z.B. Produktionen für andere Künstler, war nicht das was ich wirklich machen wollte. Und durch die Strukturen, habe ich jetzt nicht nur die Möglichkeit das zu machen, sondern ich werde darin auch noch bestärkt.
Hat das Album in deinen Augen denn eine politische Aussage?
Also, ich glaube nicht, dass jemand nicht politisch sein kann. Aber ich weigere mich auch, da zu militant zu sein. Es steckt natürlich einiges drin, im Track „Black Caesar“ zum Beispiel. Kromanteng spricht darin ja nicht explizit über Black Power-Themen. Er spricht mehr über seine persönliche Rolle als Mensch und Vater oder über seine philosophischen Ansichten. Das ist erst auf der Meta-Ebene als etwas Politisches zu lesen. Das wollte ich mit dem Titel auch andeuten, aber eben subtil. Ich wollte da nicht die große Aktivistenkeule auspacken. Es sollte schon ein Album sein, das nicht nur Hintergrundrauschen ist, sondern das auch etwas erzählt und auslöst. Ohne den Hörern etwas aufzudrängen. Also ohne zu sagen: hier geht’s um Multi-Kult oder Black Power-Awareness. Jeder kann und soll sich seine eigenen Gedanken zum Album machen, auch wenn das vielleicht nicht genau die sind, die ich dabei im Kopf hatte.
Wir bedanken uns bei 7apes für das spannende Gespräch. Ihr könnt euch auf weitere Releases von ihm in der nächsten Zeit freuen! Checkt das Album und auch die atmosphärischen Visuals zu den Tracks hier aus und folgt ihm auf Instagram, Soundcloud oder Spotify um nichts mehr zu verpassen.
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Fotocredit: wirschneidengold