„Hallo, ich bin Jakob, 84er Jahrgang (…) meine Hobbies sind Kiffen, Schlafen, Comics und Videospiele und ich ernähre mich primär von Tiefkühlpizza und Zwiebelringen“ wird man auf einem der besten Deutschrap-Alben seit dessen Erfindung begrüßt. Es folgt ein überragendes Konzept-Album rundum den Aschenbecher, indem aber keinesfalls nur Kippen zu finden sind, sondern auch jede Menge Gesellschaftskritik, Tiefsinn, lyrische Meisterleistungen und Flow.
NMZS (gesprochen Nemesis) letztes während zu Lebenszeiten veröffentlichte Release war das Kollabo-Album Aschenbecher mit Antilopen-Gang-Kollege Danger Dan. Das Album umfasst 11 Tracks und ist kostenlos auf der Gang-Homepage antilopengang.de zu finden.
Die Antilopen flowen routiniert über sehr gut produzierte Beats, Daniel Pongratz (Danger Dan) singt sogar drauf. Er – im Gegensatz zu manch anderem Rapper – kann das, hat die Stimme dafür. Diese ist besonders, aber, zugegeben, etwas gewöhnungsbedürftig. Wenn man sich aber mal daran gewöhnt hat bleibt einem ein ungedrosselter Hörgenuss. Lyrisch sind die Düsseldorfer Götter in der hiesigen Rap-Szene und in einem Song mehr Message als alle Casper-Alben zusammen.
Jeder einzelne Song ist ein Kunstwerk in sich, behandelt ein Thema, welches mit Beat, Flow und immer einer gut dosierten Menge Humor präsentiert wird. In Lebensmotto Tarnkappe beispielsweise wird das Verhalten der Menschen gegenüber anderen Menschen angeprangert in einer so poetischen und genialen Weise, wie ich sie selten gehört habe.
Und die Stimme im Hinterkopf gibt die einen Arschtritt / und spuckt dir ins Gesicht während ich dir meine Hand geb‘ / Geistig flexibel, völlig verwahrlost / wenn du was erreichen willst, sei ein nettes Archloch / und sei nett zu Arschlöchern – positive Energie / spiele nach ihren Regeln, spiele ihr mieses Spiel
Danger Dan hat vielleicht nicht die besten Reime und wenig bis keine Vergleiche. Dennoch ist er technisch sonst routiniert, hat einen starken Flow, kann singen, was er oft in den melodiösen und eingängigen Hooks zeigt, und seine größte Stärke: Er kann sich unglaublich gut artikulieren. Auch NMZS bringt alle diese Eigenschaften mit sich, wobei dieser immer eine Priese mehr Humor bringt, dafür aber im Singen nicht ganz so begabt ist, wie Danger. Beiden nimmt man aber – und das ist sehr wichtig für das Album – ihr Image ab. Sie sind nun mal keine Gangster, die Tag für Tag mit ihrer Black Gun Beretta Banken überfallen und Koks von Nuttenärschen ziehen. Das härteste, was sie konsumieren ist hin und wieder mal ein Joint und das auch nur um ihr Chiller-Leben noch gechillter zu machen.
Du hast eine schöne Wohung, ich hab eine Hässliche / Du hast Platten von den Stones, ich MP3s von Eminem / Du bist sehr gebildet, ich kenne jeden Boss bei Megaman / Du hast eine grade Nase, ich hab ein paar Leberflecken / Du gibst 100 Prozent, ich vergeude mein Talent / Du hast 20000 Freunde, ich habe 21 Fans
NMZS und Danger Dan haben mit dem Album einen Meilenstein des deutschen Raps geschaffen. Die Texte sind genial, musikalisch ist das ein rundes Ding und alle andere passt auch. Das Album hat eine ganz eigene Atmosphäre, an die man sich zweifelsfrei erst einmal gewöhnen muss, aber um das zu schaffen braucht es nicht viel und vor Allem ist der Hörgenuss dann nicht zu übertreffen. Der rote Faden von gescheiterten Existenzen zieht sich so sehr durchs Album, dass es schon Konzept-Album genannt werden kann und ein Konzept rund um das Bild eines Aschenbechers zu schaffen und gelingen zu lassen ist genial. Definitiv 10/10 Sterne.